Effektives CBAM-Kostenmanagement (Teil 2): Kostenaufschläge, Beschaffungsstrategien und Absicherung
In unserem ersten Beitrag dieser Serie haben wir den Bedarf an jährlich einzureichenden CBAM-Zertifikaten und die damit verbundenen expliziten CBAM-Kosten auf Basis einer konkreten Fallstudie hergeleitet. Für ein effektives Management der strategischen und finanziellen Auswirkungen von CBAM, werden in diesem Beitrag CBAM-Kostenaufschläge auf Produktebene und Strategien zur Beschaffung von CBAM-Zertifikaten und Möglichkeiten der Absicherung vorgestellt.
CBAM-Kostenaufschläge und vertragliche Anpassungen
Unser fiktiver Importeur von 100.000 Tonnen Stahlbarren hat über eine Abschätzung des Bedarfs and CBAM-Zertifikaten und den damit verbundenen Kosten eine erste Indikation die notwendige Liquidität für Importe im Jahr 2026. Um diese zusätzlichen Kosten von etwa 10 Millionen EUR auf Unternehmensebene operativ zu steuern und in Lieferanten- oder Kundenverträge zu integrieren, besteht die Notwendigkeit diese zusätzlichen CBAM-Kosten pro Lieferant oder pro Warengruppe und Importvorgang zu bestimmen. Dies erlaubt es neben den Gesamtkosten auch die CBAM-Kosten pro Produkt oder den Einfluss auf Bruttomargen pro Produkt zu berücksichtigen.
Die zusätzlichen CBAM-Kosten sollten dabei in die Risikoanalyse einbezogen werden. Besonders relevant ist hierbei, ob echte Emissionswerte vorliegen oder ob ein zugelassener CBAM-Anmelder Standardwerte in den CBAM-Erklärungen verwenden muss. Letztere werden mit einem pönalisierendem Mark-up versehen, was höhere CBAM-Kosten bedeutet.
Aus unseren Analysen wird ersichtlich, dass die Kostenunterschiede zwischen den beiden Möglichkeiten oft immens sind. So fallen bei Nutzung von Echtwerten bei einigen unserer Kunden in den ersten Jahren der CBAM-Regelphase keine CBAM-Kosten an. Würde der Importeur dieselben CBAM-Waren einführen und für die Berichterstattung jedoch Standardwerte nutzen (müssen), so könnten Preissteigerungen von über 40 % schon ab 2026 auftreten (vergleiche Beispiele in Abbildung 1).
Abbildung 1: Zusätzliche CBAM-Kosten auf Warenebene in Abhängigkeit von Echt- oder Standardwerten für Emissionen (Quelle: CBAMCC Model von carboneer)
CBAM erfordert in vielen Fällen eine Änderung von Liefer- oder Verkaufsverträgen. Eine Risiko- und Kostenanalyse wie oben dargestellt, sollte hierbei berücksichtigt werden, etwa durch:
- die Forderung garantierter und verifizierter Emissionswerte von Lieferanten,
- die Festlegung von Preisnachlässen bei fehlenden Daten,
- die Anpassungen von Kauf- oder Verkaufspreisen der Waren in Abhängigkeit von den CBAM-Emissionen.
Hinzu kommt, dass CBAM-Zertifikate für die Importe im Jahr 2026 erst ab Februar 2027 ausgegeben werden. Dies bedeutet, dass Kosten, die erst im Jahr 2027 anfallen, schon für Verträge und Budgetplanung im Jahr 2026 werden berücksichtigt werden müssen. Ohne die explizite Einbeziehung der zusätzlichen CBAM-Kosten schon heute, müssten betroffene Unternehmen, die erst im Jahr 2027 aufgrund des Kaufs der CBAM-Zertifikate anfallenden Kosten allein tragen.
Kostenmanagement durch Beschaffungsstrategien für CBAM-Zertifikate
Die begrenzte Gültigkeit und die unterjährige 50 %-Halteverpflichtung (finale Entscheidung dazu noch ausstehend) von CBAM-Zertifikaten erfordert ein fortlaufendes CBAM-Zertifikatsmanagement. Verpflichtete Unternehmen sollten daher eine Beschaffungsstrategie für CBAM-Zertifikate entwickeln, die insbesondere folgende auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene Randbedingungen abdeckt:
- Liquiditätsbeschränkungen und Risikoprofil
- Potenzial der Kostenweiterreichung in der Lieferkette
- Planungs- und Einkaufsprozesse und Zeiträume
- Preisvolatilität im EU ETS
Eine optimale Beschaffungsstrategie für CBAM-Zertifikate sollte dabei obenstehende Randbedingungen individuell berücksichtigen und muss gleichzeitig statistisch überlegen sein. Um beispielhaft Unterschiede von Beschaffungsstrategien zu verdeutlichen, vergleicht Abbildung 2 die Beschaffung von CBAM-Zertifikaten jeweils am Ende eines Quartals mit einer Strategie, welche technischer Analyse der Preise im EU Emissionshandelssystem (EU ETS) nutzt. Die fiktiven CBAM-Zertifikatspreise basieren hierbei auf den Auktionspreisen im EU ETS im Jahr 2022-2024.
Abbildung 2: Vergleich von zwei Beschaffungsstrategien von CBAM-Zertifikaten (regulierungsgetriebene Strategie in grün, SMART importbasierte Strategie in blau) basierend auf fiktiven CBAM-Zertifikatspreisen in den Jahren 2022-2024 (Quelle: carboneer CBAMCC Modell)
Je nach Zeitpunkt und Menge der CBAM-Zertifikatskäufe können dabei große Preisunterschiede auftreten, da die Preise im EU ETS Schwankungen unterliegen und somit direkten Einfluss auf die Preise für CBAM-Zertifikate haben. Mithilfe intelligenter Beschaffungsstrategien können jedoch Kostenvorteile erzielt werden. Insbesondere bei einer Betrachtung über mehrere Jahre hinweg war die SMART importbasierte Beschaffungsstrategie aus Abbildung 2 erfolgreich und ermöglicht für den Importeur in der Fallstudie Einsparungen in Millionenhöhe. Über einen Betrachtungszeitraum von 10 Jahren erlaubt die von carboneer entwickelte Strategie Kosteneinsparungen von beinahe 20% im Vergleich zu einer rein regulierungsgetriebenen Beschaffung. Eine aktive Beschaffung kann also die expliziten Kosten für CBAM-Zertifikate reduzieren, und damit das finanzielle Risiko reduzieren, die Liquidität schonen und einen Wettbewerbsvorteil ermöglichen.
Absicherung von CBAM-Kosten über das EU ETS
Da gekaufte und nicht verwendete CBAM-Zertifikate am 1. Oktober des zweiten Jahres nach Kauf gelöscht werden (finale Entscheidung dazu noch ausstehend), können sie nicht für die Einreichungspflicht in weiterer Zukunft verwendet werden. Für Bestellungen, deren tatsächliches Importdatum weiter in der Zukunft liegt oder auch für längerfristige Kostensicherheit kann ein Importeur jedoch einen weiteren Schritt zur Risikominimierung gehen.
Da CBAM-Zertifikatspreise an die Preise der Emissionsberechtigungen (EUA) im EU ETS angelehnt sind, existiert mit dem EU ETS ein Markt welcher ein Absicherungsgeschäft, einen Hedge, ermöglicht. Ein Importeur kann also im Voraus die maximalen CBAM-Zertifikatskosten während einer Bestellung oder für zukünftig geplante Importe zumindest in guter Näherung absichern. Das gleiche Prinzip gilt auch für den Produzenten oder Lieferanten einer CBAM-Ware, da dieser dem Abnehmer in der EU durch ein Absicherungsgeschäft maximale CBAM-Kosten garantieren kann. Diese Preisfixierung macht damit Verhandlungen mit Lieferanten, die Kalkulation, Anpassung oder auch Weiterreichung der CBAM-Kosten an nachgelagerte Kunden sowie eine bessere Budgetierung der CBAM-Zertifikatskosten möglich. Die Absicherung kann über den Kauf von physischen EUAs oder Terminmarktprodukten auf EUAs verwendet werden.
Eine mittel- bis langfristige Absicherung von CBAM-Zertifikatskosten auf Basis von im Jahr 2025 erworbenen physischen EUAs oder Terminmarktkontrakten (derzeitige bei 70 EUR/tCO2) ermöglichte eine Preisfixierung am unteren Rand der erwarteten CBAM-Kosten für die Zukunft und in unserer Fallstudie damit Einsparungen von mehreren Millionen EUR pro Jahr. Eine Preisabsicherung wie skizziert Bedarf aufgrund der Komplexität einer Integration in die Unternehmensstrategie.
Abbildung 3: Kostenprognose für CBAM-Zertifikate des Importeurs in der Fallstudie ohne Hedging (grün) and mit Hedging (blau). (Quelle: carboneer CBAMCC Modell)
Um CBAM-Kosten effektiv zu managen, Risiken zu minimieren und Planungssicherheit zu ermöglichen, ist es unerlässlich frühzeitig die unternehmensinterne Exposition zu analysieren. Die Kosten für CBAM-Zertifikate werden voraussichtlich höher sein als vielen Marktteilnehmern und zukünftigen CBAM-Anmeldern derzeit bewusst. Wenngleich einige Unsicherheiten mit Bezug auf CBAM-Kosten bestehen, können mit Tools wie CBAMCC schon heute maßgeschneiderte Szenarios entwickelt und darauf basierend Strategien zur Beschaffung und Absicherung von CBAM-Zertifikatskosten ausgearbeitet werden.