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Emissionshandel in Deutschland: Einnahmen, Entwicklungen und Perspektiven

Die Systeme der Emissionsbepreisung in Deutschland stehen vor tiefgreifendem Wandel. Das EU Emissionshandelssystem (EU ETS 1) verzeichnete rückläufige Einnahmen, während im nationale Emissionhandelsystem (nEHS) neue Rekordeinnahmen erzielt wurden. Was treibt diese Entwicklungen an, und wie werden bevorstehende regulatorische Änderungen – vom CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM bis zum EU ETS 2 – die Emissionsmärkte verändern?

EU ETS 1: Rückläufige Einnahmen mit Potenzial nach oben

Das EU ETS 1, das die Emissionen aus Kraftwerken, energieintensiven Industrieanlagen, dem innereuropäischen Luftverkehr und dem Seeverkehr regelt, verzeichnete im Jahr 2024 einen deutlichen Rückgang der deutschen Versteigerungseinnahmen. Die Gesamteinnahmen aus der Versteigerung von EU ETS 1-Emissionszertifikaten (EUA) beliefen sich auf etwa 5,5 Mrd. EUR, was einem Rückgang von 28 % gegenüber den 7,7 Mrd. EUR im Jahr 2023 entspricht (Abbildung 1). Dieser Rückgang ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: eine geringere Anzahl versteigerter EUAs und ein Rückgang des durchschnittlichen EUA-Preises im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 (UBA, 2025).

Abbildung 1: Auktionserlöse aus dem EU ETS 1 in Deutschland 2023-2025 (Quelle: DEHSt, 2025a)

Um die festgelegten Klimaziele in den betroffenen Sektoren zu erreichen, wird die Menge der verfügbaren EUAs jährlich reduziert. Im Jahr 2024 sank die versteigerte Menge für Deutschland auf 85 Millionen EUAs, gegenüber 92 Millionen im Jahr 2023. Darüber hinaus sank der Durchschnittspreis pro EUA von 83,66 EUR/tCO2 im Jahr 2023 auf 65,00 EUR/tCO2 im Jahr 2024, was die geringere Nachfrage aus dem Energie- und Industriesektor aufgrund des höheren Anteils erneuerbarer Energien und der schwächeren wirtschaftlichen Bedingungen widerspiegelt. Trotzdem lag der Durchschnittspreis 2024 immer noch 24 % über dem Niveau von 2021, was die langfristige Stärkung der Emissionspreise verdeutlicht.

Seit Ende 2024 ist der Preis für Zertifikate im EU-EHS 1 in Erwartung eines geringeren Angebots an Zertifikaten und damit höherer Preise im Jahr 2025 gestiegen. Während der Preis Mitte Dezember 2024 bei 65 EUR/tCO2 lag, ist er um fast 25 % gestiegen und wurde im Februar 2025 teilweise über 80 EUR/tCO2 gehandelt. Die EUA-Preiserwartungen für das Jahr 2025 liegen zwischen 80-90 EUR/tCO2, was sowohl auf eine Verknappung des Angebots als auch auf wahrscheinlich höhere Auktionserlöse in diesem Jahr hindeutet.

Rekordeinnahmen im nationalen Emissionshandelssystem in Deutschland

Im Gegensatz zum EU ETS 1 verzeichnete das deutsche nationale Emissionshandelssystem (nEHS) einen Anstieg der Einnahmen. Das nEHS umfasst Emissionen aus dem Wärme- und Verkehrssektor. Im Jahr 2024 erreichten die Einnahmen aus dem nEHS 13 Mrd. EUR, ein Anstieg um 21 % gegenüber den 10,7 Mrd. EUR im Jahr 2023, wie Abbildung 2 zeigt. Dieser Anstieg ist in erster Linie auf eine Erhöhung des Festpreises für nEHS-Zertifikate von 30 € pro Tonne im Jahr 2023 auf 45 € pro Tonne im Jahr 2024 zurückzuführen (UBA, 2025).

Abbildung 2: Umsatzerlöse aus dem nEHS in Deutschland 2023-2025 (Quelle: DEHSt, 2025b)

An der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig wurden im Jahr 2024 insgesamt 278 Millionen nEHS-Zertifikate zum neuen Festpreis verkauft und damit rund 12,5 Milliarden Euro erlöst. Weitere 17 Millionen Zertifikate für das Jahr 2023 wurden zum Vorjahrespreis von 30 EUR/tCO2 verkauft, was den Gesamterlös um weitere 500 Millionen Euro erhöhte. Trotz einer geringeren Anzahl von verkauften Zertifikaten im Vergleich zu 2023 (Verkauf von 358 Millionen Zertifikate), konnten die Einnahmen durch die Preiserhöhung aufrechterhalten werden.

Gesamteinnahmen aus Emissionspreisen auf Rekordhoch

Deutschlands kombinierte Einnahmen aus dem EU-ETS 1 und nEHS erreichen 2024 18,5 Milliarden Euro und übertreffen damit die 18,4 Milliarden Euro von 2023 und deutlich die 13 Milliarden Euro von 2022. Diese Mittel fließen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem Initiativen zur Unterstützung der Energiewende und der Dekarbonisierungsziele Deutschlands finanziert werden.

Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), betonte, dass der Emissionshandel weiterhin eine treibende Kraft für Klimaschutz, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Nachhaltigkeit sein müsse. Er plädiert für einen Klimabonus, um Haushalte zu unterstützen, die von steigenden Kohlenstoffpreisen betroffen sind, sowie für gezielte Subventionen, um sozial benachteiligte Gruppen bei der Umstellung auf klimafreundliche Alternativen zu unterstützen (UBA, 2025).

Regulatorische Entwicklungen: Angleichung der nationalen Gesetzgebung

Der Deutsche Bundestag hat Ende Januar 2025 das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 verabschiedet, mit dem die nationalen Regelungen an die reformierten Emissionshandelsregeln der EU angepasst werden. Wesentliche Aspekte dieser Reform sind (BMWK, 2025):

  • Einbeziehung des Seeverkehrs: Ab 2024 werden 40 % der Emissionen aus dem Seeverkehr unter das EU ETS 1 fallen, 2025 werden es 70 % und 2026 100 % sein.
  • Strengere Emissionsobergrenzen im Luftverkehr: Ab 2024 gelten für Fluggesellschaften niedrigere Emissionsgrenzwerte, und zum ersten Mal müssen sie über Nicht-CO2-Klimaeffekte wie die Bildung von Kondensstreifen berichten.
  • Übergang zum EU ETS 2 im Jahr 2027: Das neue europäische Emissionshandelssystem für Verkehr und Heizung wird das deutsche nEHS und andere nationale Kohlenstoffpreissysteme der EU-Mitgliedstaaten ersetzen.
  • Einführung des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM): CBAM führt eine Kohlenstoffbepreisung für Importe von energieintensiven Produkten wie Stahl, Zement und Aluminium ein und soll so für einen fairen Wettbewerb zwischen EU und nicht-EU Produzenten führen. Derzeit läuft eine Übergangsphase, die Regelphase mit finanziellen Verpflichtungen startet 2026.

Anfang 2025 stieg der feste CO2-Preis im nEHS von 45 auf 55 EUR/tCO2 (vgl. Tabelle 1), ein Schritt, der seit der Einführung des Systems im Jahr 2021 geplant ist. Diese schrittweise Erhöhung gibt Bürgern und Unternehmen Zeit, auf umweltfreundlichere Alternativen umzusteigen, und wird voraussichtlich auch im Jahr 2025 wieder zu höheren Verkaufserlösen führen. Da der nEHS ab 2027 in das EU-EHS 2 aufgeht, werden die Preise für Emissionen in diesen Sektoren ab dann auf freien Auktionspreisen beruhen.

JahrPreis EUR/tCO2Mechanismus
202125Festpreis
202230
202330
202445
202555
202655-65Auktion mit Preiskorridor
Ab 202745-100 (Schätzungen)Auktion mit freier Preisbildung (EU ETS 2)
Tabelle 1: Entwicklung der Emissionspreise in den vom nEHS erfassten Sektoren

Es wird erwartet, dass die Preiserhöhung 2025 im Rahmen des nEHS nur moderate Auswirkungen auf die Kraftstoffkosten haben wird. Der Preis pro Liter Benzin und Diesel könnte um etwa 3 Cent steigen. Die Kraftstoffpreise schwanken ebenfalls aufgrund externer Faktoren wie den globalen Ölpreisen, die oft größere Preisschwankungen verursachen als die Kohlenstoffpreise allein. Für eine Fahrtleistung eines PKW von jährlich 15.000 km fährt, wird der erwartete Kostenanstieg etwa 50 EUR pro Jahr betragen (Bundesregierung, 2025).

Künftige Entwicklung

Mit der Ausweitung des EU-Emissionshandelsrahmens entwickelt sich die Kohlenstoffbepreisung zu einem zentralen Mechanismus der Klimapolitik. Während das EU ETS 1 aufgrund von Konjunkturschwankungen und Marktanpassungen Einnahmeeinbußen hinnehmen musste, verzeichnete das nEHS Rekordeinnahmen. Die Gesamteinnahmen aus dem Emissionshandel erreichten 2024 für Deutschland ein Allzeithoch, was die Bedeutung der Verwendung dieser Mittel für den Klimaschutz und Initiativen zur sozialen Gerechtigkeit unterstreicht.

Der Preisanstieg im nEHS, die erwarteten höheren Preise im EU ETS 1, die Einführung von CBAM und der Start des EU ETS 2 im Jahr 2027 sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft. Auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel 2050 der EU wird der Emissionshandel ein Eckpfeiler der Umwelt- und Wirtschaftspolitik bleiben.

Quellen

BMWK, 2025, Bundestag beschließt umfassende Reform des Emissionshandels, URL: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2025/20250131-bundestag-emissionshandel.html

Bundesregierung, 2025, CO2-Preis beträgt jetzt 55 Euro, URL: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/co2-preis-kohle-abfallbrennstoffe-2061622

DEHSt, 2025a, Auctioning report: Fourth Quarter 2024, URL: https://www.dehst.de/SharedDocs/downloads/EN/auctioning/2024/2024_report_Q4.pdf?__blob=publicationFile&v=3

DEHSt, 2025b, Sales report: Fourth Quarter and entire year 2024, URL: https://www.dehst.de/SharedDocs/downloads/EN/nehs/sales-reports-nehs/2024/2024-Q4_sales-report.pdf?__blob=publicationFile&v=3 UBA, 2025, Revenue from emission trading one again at record level, URL: https://www.umweltbundesamt.de/en/press/pressinformation/revenue-from-emissions-trading-once-again-at-record

UBA, 2025, Revenue from emission trading one again at record level, URL: https://www.umweltbundesamt.de/en/press/pressinformation/revenue-from-emissions-trading-once-again-at-record