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Emissionshandel in Deutschland: Einnahmen, Entwicklungen und Perspektiven

Die Systeme der Emissionsbepreisung in Deutschland stehen vor tiefgreifendem Wandel. Das EU Emissionshandelssystem (EU ETS 1) verzeichnete rückläufige Einnahmen, während im nationale Emissionhandelsystem (nEHS) neue Rekordeinnahmen erzielt wurden. Was treibt diese Entwicklungen an, und wie werden bevorstehende regulatorische Änderungen – vom CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM bis zum EU ETS 2 – die Emissionsmärkte verändern?

EU ETS 1: Rückläufige Einnahmen mit Potenzial nach oben

Das EU ETS 1, das die Emissionen aus Kraftwerken, energieintensiven Industrieanlagen, dem innereuropäischen Luftverkehr und dem Seeverkehr regelt, verzeichnete im Jahr 2024 einen deutlichen Rückgang der deutschen Versteigerungseinnahmen. Die Gesamteinnahmen aus der Versteigerung von EU ETS 1-Emissionszertifikaten (EUA) beliefen sich auf etwa 5,5 Mrd. EUR, was einem Rückgang von 28 % gegenüber den 7,7 Mrd. EUR im Jahr 2023 entspricht (Abbildung 1). Dieser Rückgang ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: eine geringere Anzahl versteigerter EUAs und ein Rückgang des durchschnittlichen EUA-Preises im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 (UBA, 2025).

Abbildung 1: Auktionserlöse aus dem EU ETS 1 in Deutschland 2023-2025 (Quelle: DEHSt, 2025a)

Um die festgelegten Klimaziele in den betroffenen Sektoren zu erreichen, wird die Menge der verfügbaren EUAs jährlich reduziert. Im Jahr 2024 sank die versteigerte Menge für Deutschland auf 85 Millionen EUAs, gegenüber 92 Millionen im Jahr 2023. Darüber hinaus sank der Durchschnittspreis pro EUA von 83,66 EUR/tCO2 im Jahr 2023 auf 65,00 EUR/tCO2 im Jahr 2024, was die geringere Nachfrage aus dem Energie- und Industriesektor aufgrund des höheren Anteils erneuerbarer Energien und der schwächeren wirtschaftlichen Bedingungen widerspiegelt. Trotzdem lag der Durchschnittspreis 2024 immer noch 24 % über dem Niveau von 2021, was die langfristige Stärkung der Emissionspreise verdeutlicht.

Seit Ende 2024 ist der Preis für Zertifikate im EU-EHS 1 in Erwartung eines geringeren Angebots an Zertifikaten und damit höherer Preise im Jahr 2025 gestiegen. Während der Preis Mitte Dezember 2024 bei 65 EUR/tCO2 lag, ist er um fast 25 % gestiegen und wurde im Februar 2025 teilweise über 80 EUR/tCO2 gehandelt. Die EUA-Preiserwartungen für das Jahr 2025 liegen zwischen 80-90 EUR/tCO2, was sowohl auf eine Verknappung des Angebots als auch auf wahrscheinlich höhere Auktionserlöse in diesem Jahr hindeutet.

Rekordeinnahmen im nationalen Emissionshandelssystem in Deutschland

Im Gegensatz zum EU ETS 1 verzeichnete das deutsche nationale Emissionshandelssystem (nEHS) einen Anstieg der Einnahmen. Das nEHS umfasst Emissionen aus dem Wärme- und Verkehrssektor. Im Jahr 2024 erreichten die Einnahmen aus dem nEHS 13 Mrd. EUR, ein Anstieg um 21 % gegenüber den 10,7 Mrd. EUR im Jahr 2023, wie Abbildung 2 zeigt. Dieser Anstieg ist in erster Linie auf eine Erhöhung des Festpreises für nEHS-Zertifikate von 30 € pro Tonne im Jahr 2023 auf 45 € pro Tonne im Jahr 2024 zurückzuführen (UBA, 2025).

Abbildung 2: Umsatzerlöse aus dem nEHS in Deutschland 2023-2025 (Quelle: DEHSt, 2025b)

An der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig wurden im Jahr 2024 insgesamt 278 Millionen nEHS-Zertifikate zum neuen Festpreis verkauft und damit rund 12,5 Milliarden Euro erlöst. Weitere 17 Millionen Zertifikate für das Jahr 2023 wurden zum Vorjahrespreis von 30 EUR/tCO2 verkauft, was den Gesamterlös um weitere 500 Millionen Euro erhöhte. Trotz einer geringeren Anzahl von verkauften Zertifikaten im Vergleich zu 2023 (Verkauf von 358 Millionen Zertifikate), konnten die Einnahmen durch die Preiserhöhung aufrechterhalten werden.

Gesamteinnahmen aus Emissionspreisen auf Rekordhoch

Deutschlands kombinierte Einnahmen aus dem EU-ETS 1 und nEHS erreichen 2024 18,5 Milliarden Euro und übertreffen damit die 18,4 Milliarden Euro von 2023 und deutlich die 13 Milliarden Euro von 2022. Diese Mittel fließen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem Initiativen zur Unterstützung der Energiewende und der Dekarbonisierungsziele Deutschlands finanziert werden.

Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), betonte, dass der Emissionshandel weiterhin eine treibende Kraft für Klimaschutz, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Nachhaltigkeit sein müsse. Er plädiert für einen Klimabonus, um Haushalte zu unterstützen, die von steigenden Kohlenstoffpreisen betroffen sind, sowie für gezielte Subventionen, um sozial benachteiligte Gruppen bei der Umstellung auf klimafreundliche Alternativen zu unterstützen (UBA, 2025).

Regulatorische Entwicklungen: Angleichung der nationalen Gesetzgebung

Der Deutsche Bundestag hat Ende Januar 2025 das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 verabschiedet, mit dem die nationalen Regelungen an die reformierten Emissionshandelsregeln der EU angepasst werden. Wesentliche Aspekte dieser Reform sind (BMWK, 2025):

  • Einbeziehung des Seeverkehrs: Ab 2024 werden 40 % der Emissionen aus dem Seeverkehr unter das EU ETS 1 fallen, 2025 werden es 70 % und 2026 100 % sein.
  • Strengere Emissionsobergrenzen im Luftverkehr: Ab 2024 gelten für Fluggesellschaften niedrigere Emissionsgrenzwerte, und zum ersten Mal müssen sie über Nicht-CO2-Klimaeffekte wie die Bildung von Kondensstreifen berichten.
  • Übergang zum EU ETS 2 im Jahr 2027: Das neue europäische Emissionshandelssystem für Verkehr und Heizung wird das deutsche nEHS und andere nationale Kohlenstoffpreissysteme der EU-Mitgliedstaaten ersetzen.
  • Einführung des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM): CBAM führt eine Kohlenstoffbepreisung für Importe von energieintensiven Produkten wie Stahl, Zement und Aluminium ein und soll so für einen fairen Wettbewerb zwischen EU und nicht-EU Produzenten führen. Derzeit läuft eine Übergangsphase, die Regelphase mit finanziellen Verpflichtungen startet 2026.

Anfang 2025 stieg der feste CO2-Preis im nEHS von 45 auf 55 EUR/tCO2 (vgl. Tabelle 1), ein Schritt, der seit der Einführung des Systems im Jahr 2021 geplant ist. Diese schrittweise Erhöhung gibt Bürgern und Unternehmen Zeit, auf umweltfreundlichere Alternativen umzusteigen, und wird voraussichtlich auch im Jahr 2025 wieder zu höheren Verkaufserlösen führen. Da der nEHS ab 2027 in das EU-EHS 2 aufgeht, werden die Preise für Emissionen in diesen Sektoren ab dann auf freien Auktionspreisen beruhen.

JahrPreis EUR/tCO2Mechanismus
202125Festpreis
202230
202330
202445
202555
202655-65Auktion mit Preiskorridor
Ab 202745-100 (Schätzungen)Auktion mit freier Preisbildung (EU ETS 2)
Tabelle 1: Entwicklung der Emissionspreise in den vom nEHS erfassten Sektoren

Es wird erwartet, dass die Preiserhöhung 2025 im Rahmen des nEHS nur moderate Auswirkungen auf die Kraftstoffkosten haben wird. Der Preis pro Liter Benzin und Diesel könnte um etwa 3 Cent steigen. Die Kraftstoffpreise schwanken ebenfalls aufgrund externer Faktoren wie den globalen Ölpreisen, die oft größere Preisschwankungen verursachen als die Kohlenstoffpreise allein. Für eine Fahrtleistung eines PKW von jährlich 15.000 km fährt, wird der erwartete Kostenanstieg etwa 50 EUR pro Jahr betragen (Bundesregierung, 2025).

Künftige Entwicklung

Mit der Ausweitung des EU-Emissionshandelsrahmens entwickelt sich die Kohlenstoffbepreisung zu einem zentralen Mechanismus der Klimapolitik. Während das EU ETS 1 aufgrund von Konjunkturschwankungen und Marktanpassungen Einnahmeeinbußen hinnehmen musste, verzeichnete das nEHS Rekordeinnahmen. Die Gesamteinnahmen aus dem Emissionshandel erreichten 2024 für Deutschland ein Allzeithoch, was die Bedeutung der Verwendung dieser Mittel für den Klimaschutz und Initiativen zur sozialen Gerechtigkeit unterstreicht.

Der Preisanstieg im nEHS, die erwarteten höheren Preise im EU ETS 1, die Einführung von CBAM und der Start des EU ETS 2 im Jahr 2027 sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft. Auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel 2050 der EU wird der Emissionshandel ein Eckpfeiler der Umwelt- und Wirtschaftspolitik bleiben.

Quellen

BMWK, 2025, Bundestag beschließt umfassende Reform des Emissionshandels, URL: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2025/20250131-bundestag-emissionshandel.html

Bundesregierung, 2025, CO2-Preis beträgt jetzt 55 Euro, URL: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/co2-preis-kohle-abfallbrennstoffe-2061622

DEHSt, 2025a, Auctioning report: Fourth Quarter 2024, URL: https://www.dehst.de/SharedDocs/downloads/EN/auctioning/2024/2024_report_Q4.pdf?__blob=publicationFile&v=3

DEHSt, 2025b, Sales report: Fourth Quarter and entire year 2024, URL: https://www.dehst.de/SharedDocs/downloads/EN/nehs/sales-reports-nehs/2024/2024-Q4_sales-report.pdf?__blob=publicationFile&v=3 UBA, 2025, Revenue from emission trading one again at record level, URL: https://www.umweltbundesamt.de/en/press/pressinformation/revenue-from-emissions-trading-once-again-at-record

UBA, 2025, Revenue from emission trading one again at record level, URL: https://www.umweltbundesamt.de/en/press/pressinformation/revenue-from-emissions-trading-once-again-at-record

Das neue EU ETS  2 – Bepreisung von Emissionen in Gebäuden und im Straßenverkehr

Das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU ETS) bildet seit Einführung im Jahr 2005 einen Grundpfeiler der Klimastrategie der EU. Im Jahr 2024 startet das zusätzliche EU ETS 2 mit Verpflichtungen für Unternehmen und deckt Emissionen aus Gebäuden, dem Straßenverkehr und weiteren Sektoren wie der Brennstoffnutzung in kleinen Industrieanlagen ab. Das EU ETS  2 verpflichtet Brennstofflieferanten zur Überwachung und jährlichen Meldung der Emissionen der in Verkehr gebrachten Brennstoffe. Ab 2027 müssen die verantwortlichen Unternehmen Emissionszertifikate in Höhe der Emissionen in den von ihnen verkauften Brennstoffen erwerben und abgeben.

Die wichtigsten Fakten zum EU ETS  2

Der EU ETS  2 wird parallel zum EU ETS 1 und zumindest bis Ende 2026 auch parallel zum bestehenden nationalen Emissionshandel nach dem Brennstoffemissionhandelsgesetz (BEHG) eingeführt. Das neue EU ETS 2 umfasst Emissionen die bislang vom Geltungsbereich des EU ETS 1 ausgeschlossen waren, wie die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr. Generell hat das EU ETS 2 einen geringeren Anwendungsbereich als der deutsche Emissionshandel nach BEHG. Jedoch hat Deutschland von der Möglichkeit Gebrauch gemacht weitere Tätigkeiten in das EU ETS 2 zu integrieren um eine Deckungsgleichheit zwischen derzeitigem nationalen Emissionshandel und dem neuen EU ETS 2 herzustellen. Eine Billigung dieser Ausweitung durch die Europäische Kommission steht noch aus (BMWK, 2024).

Das EU ETS 2 basiert auf einem Cap-and-Trade-System, bei dem eine jährlich sinkende Obergrenze für die Gesamtemissionen innerhalb der EU festgelegt wird. Eine entsprechende Anzahl von Zertifikaten wird an die verantwortlichen Unternehmen versteigert. Pro Tonne CO2-Emission, welche durch die Verbrennung der in Verkehr gebrachten Brennstoffe anfällt, muss ein Zertifikat abgegeben werden. Der EU ETS 2 zielt darauf ab, die Emissionen der abgedeckten Sektoren bis 2030 um 42 % im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Im Gegensatz zum EU ETS 1, das die Emissionen am Entstehungsort reguliert, liegt die Verpflichtung im EU ETS 2 Upstream, also beim Inverkehrbringer von Brennstoffen und nicht am Ort des Verbrauchs der Brennstoffe. Dies deckt sich mit dem in Deutschland existierenden nationalen Emissionhandel nach BEHG. Schätzungen der EU-Kommission zufolge werden EU-weit bis zu 11.400 Brennstofflieferanten, -verteiler und -händler durch das neue EU ETS 2 reguliert. Durch dessen Einführung werden nationale und EU-Verantwortlichkeiten, Emissionsminderungs-ziele und die Emissionsbepreisung innerhalb der EU harmonisiert.

Zur Bestimmung der Emissionen im Rahmen des EU ETS 2 muss auf Unternehmensebene ein umfassendes System zur Überwachung, Berichterstattung und Prüfung eingeführt werden. Um eine Doppelzählung zu vermeiden, sollten Emissionen aus der Brennstoffverbrennung, die bereits im EU ETS 1 erfasst wurden, nicht im EU ETS 2 gezählt werden. Dies erfordert, dass Brennstofflieferanten und deren Kunden in solchen Fällen Nachweise erbringen müssen. In Deutschland wird der nationale Emissionshandel nach BEHG erst ab 2027 vollständig in das EU ETS 2 integriert. Dadurch besteht für die Jahre 2024 bis 2026 eine doppelte Berichterstattung der Emissionen in beiden System.

Erste Compliance-Fristen im Jahr 2024

Für die Unternehmen, die dem EU ETS  2 unterliegen, sollten Vorbereitungsaktivitäten bereits laufen, da erste Fristen nahen. Der Zeitrahmen der Einführung des EU ETS 2 ist ambitioniert, wie Abbildung 1 zeigt.

Abbildung 1: Zeitplan der Compliance-Verpflichtungen im EU ETS 2. Quelle: carboneer

Um die Emissionen gemäß den Regeln des EU ETS 2 zu überwachen, sollte bis zum 31. August 2024 ein Antrag zur Emissiongenehmigung und ein Überwachungsplan bei der zuständigen nationalen Behörde eingereicht werden. Laut einem Entwurf einer Novelle des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 30. Juli 2024, wird die zuständige Behörde (Deutsche Emissionshandelsstelle) eine dreimonatige Frist zur Einreichung festsetzen und diese im Bundesanzeiger bekanntmachen (BMWK, 2024). Bis zum Ablauf dieser Frist gilt der nach BEHG bestehende Überwachungsplan als Emissionsgenehmigung und Überwachungsplan auch für das EU ETS 2. Die Emissionen für das Jahr 2024 müssen zum 30. April 2025 an die Behörde berichtet werden.

Der Erwerb und die Abgabe von Zertifikaten im Rahmen des EU ETS 2, ist erst ab 2027 erforderlich. Ab 2027 werden Zertifikate im Rahmen des EU ETS 2 versteigert. Eine Zuteilung kostenloser Zertifikate, wie sie zu Beginn des EU ETS 1 und derzeit noch für einige Zweige der EU-Industrie angewendet wird, existiert nicht. Um das Angebot an Zertifikaten zu regulieren und anfänglich auch Preisstabilität zu gewährleisten, wird eine Marktstabilitätsreserve sowie verschiedene Preisstabilitätsmechanismen eingeführt. Die Zertifikatsobergrenze (Cap) im Jahr 2027 wird durch eine jährliche Reduktion von 5,1 % gegenüber dem Emissionsniveau von 2024 bestimmt. Ab 2025 wird dieser lineare Reduktionsfaktor auf 5,38 % erhöht. Dies bedeutet, dass das Gesamtangebot an Zertifikaten im Jahr 2027 etwa 1,25 Milliarden betragen und bis 2030 auf unter 800 Millionen sinken wird. Abbildung 2 zeigt eine Szenario für die versteigerten Zertifikatsmengen im Einklang mit den langfristigen sektoralen Klimazielen der EU.

Abbildung 2: Szenario für das Angebot an ausgegeben Zertifikaten im EU ETS 2. Quelle: carboneer

Herausforderungen und Komplexität

Der EU ETS 2 stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, da sie umfassende Emissionsüberwachungspläne entwickeln müssen, die ihre Aktivitäten, Brennstoffarten und Emissionsberechnungsmethoden detailliert darstellen. Insbesondere die Berechnung der Emissionen ist komplex. Zunächst muss ein Scope-Faktor festgelegt werden, um den Anteil der Brennstoffverkäufe eines Unternehmens zu bestimmen, der unter die regulierten Tätigkeiten wie Brennstoffemissionen aus Gebäuden oder dem Straßenverkehr fällt. Der Scope-Faktor reicht von 0 (kein Brennstoff wird an betroffene Sektoren verkauft) bis 1 (alle verkauften Brennstoffe fallen in den Anwendungsbereich). Dies stellt sicher, dass nur relevante Emissionen berücksichtigt werden. Mithilfe des korrekten Emissionsfaktors für verschiedene Brennstoffe sowie der Brennstoffmenge werden dann die gesamten CO2-Emissionen pro Brennstoff berechnet.

Um die Datenqualität sicherzustellen, folgt die Überwachung der Emissionen einem System mit unterschiedlichen Ebenen, welches die Datengenauigkeit von Ebene 1 (am wenigsten genau) bis Ebene 4 (am genauesten) kategorisiert. Höhere Ebene, müssen von Unternehmen mit größeren Brennstoffströmen und damit höheren Emissionen verwendet werden und erfordern präzisere Datenerhebung. Emissionen aus Biomassebrennstoffen können mit null bewertet werden, wenn die Biomasse die Kriterien der Erneuerbare-Energien-Richtlinie erfüllt.

Für Emissionsberichte ab dem Berichtsjahr 2025 ist eine Prüfung durch unabhängige akkreditierte Stellen verpflichtend. Die Einführung der Bepreisung im Rahmen des EU ETS 2 kann zu erheblichen Kostensteigerungen führen, was sowohl Betriebskosten als auch Verbraucherpreise beeinflussen wird. Abbildung 3 zeigt Preisprognosen für die Zertifikate im EU ETS 2. Da die Preise durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden, können die Preise für die Zertifikate ab 2027 erheblich schwanken. Die Prognosen reichen von 50 € bis 340 € pro Tonne CO2 bis 2030. Unternehmen sollten Kostenrisiken durch maßgeschneiderte Beschaffungsstrategien für EU ETS  2 Zertifikate steuern.

Abbildung 3: Prognostizierte Zertifikatspreise im EU ETS 2 im Jahr 2030. Datenquelle: UBA, 2024, Quelle: carboneer

Der Klima-Sozialfond spielt eine entscheidende Rolle bei der Abmilderung der finanziellen Auswirkungen auf gefährdete Verbraucher in der EU. Ziel ist es, gefährdete Haushalte und Kleinstunternehmen zu unterstützen, die vom Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft finanziell betroffen sind. Der Klima-Sozialfond wird aus Einnahmen der Versteigerung von Zertifikaten finanziert und bietet finanzielle Unterstützung für Maßnahmen, die Emissionen und Energiekosten senken. Im Zeitraum zwischen 2026-2032 sind dabei Mittel in Höhe von 86,7 Mrd. EUR vorgesehen. Ein Beispiel für die Verwendung der Mittel sind Zuschüsse zur Verbesserung der Energieeffizienz von Wohngebäuden, wie z. B. Isolierung und Installation effizienterer Heizsysteme. Dieser doppelte Fokus auf Haushalte und Unternehmen soll die soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit fördern und trägt dazu bei, einige der finanziellen Belastungen und betrieblichen Herausforderungen des EU ETS 2 abzufedern.

Um die potenziellen Auswirkungen der steigenden Zertifikatspreise zu verstehen, veranschaulicht Abbildung 4, wie sich unterschiedliche Zertifikatspreise auf verschiedenen Brennstoffarten auswirken würden.

Abbildung 4: Preisauswirkungen auf verschiedene Kraftstoffe bei unterschiedlichen Preisen für EU ETS 2 Zertifikate. Quelle: carboneer

Strategie zur Umsetzung von Verpflichtungen im EU ETS 2

Aufgrund der Komplexität des EU ETS 2 und des ambitionierten Zeitplans ist eine solide Strategie zur Umsetzung der Verpflichtungen unerlässlich. Wie können sich Unternehmen also vorbereiten?

Emissionüberwachung und Compliance-Zyklus:

  • Entwicklung umfassender Überwachungspläne, die alle relevanten Aktivitäten, Brennstoffarten und Emissionsberechnungsmethoden abdecken
  • Überwachungspläne müssen von den nationalen Behörden genehmigt werden
  • Prüfung der Emissionen

Compliance-Verpflichtungen:

  • Detailliertes Verständnis des EU ETS 2 und der damit verbundenen Vorschriften
  • Aufbau von Kapazitäten, Zuweisung von Verantwortlichkeiten, interne und externe Kommunikation
  • Zugang zu Registern und Zertifikaten des EU ETS 2

Finanzielle Auswirkungen:

  • Bewertung der EU ETS 2 Exposition und Kostenprognosen
  • Implementierung von Strategien zur Kostensteuerung und zur Weitergabe von Kosten an Verbraucher
  • Risikomanagement, Hedging und Strategien zur Zertifikatsbeschaffung zur Reduzierung der finannziellen Unsicherheiten

Fazit

Das EU ETS 2 ist ein wichtiges Instrument der Europäischen Union zur Reduktion von Treibhausgasemissionen in Sektoren wie Gebäude und Straßenverkehr über ein neues Cap-and-Trade-System für Brennstoffe. Der neue Emissionshandel zielt darauf ab, die Emissionen in der betroffenen Sektoren bis 2030 um 42 % im Vergleich zu 2005 zu senken. Das System bringt komplexe Verpflichtungen für Unternehmen mit sich und erfordert vorausschauende Planung und Entwicklung einer Compliance-Strategie zur Einhaltung der Überwachungs-, Berichts- und Prüfungssprozesse schon ab dem Jahr 2024. Angesichts der voraussichtlich hohen Zertifikatspreise können die finanziellen Auswirkungen erheblich sein. Robuste Risikomanagement- und Absicherungsstrategien sind daher nötig. Unternehmen sollten jetzt handeln, um die neuen Vorschriften zu verstehen und die Einhaltung aller rechtlichen Pflichten sowie die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.

Autoren: Simon Göß und Florian Schlennert

Quellen

BMWK, 2024, TEHG-Novelle, URL: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/20240730-entwurf-anpassung-treibhausgas-emissionshandelsgesetz.html

DEHSt, 2024, Berichtsphase EU-ETS 2 (2024 bis 2026), URL: https://www.dehst.de/DE/Themen/nEHS/EU-ETS-2/eu-ets-2_node.html

UBA, 2024, Supply and Demand in the ETS 2, URL: https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/supply-demand-in-the-ets-2